Termine 2022: Schopenhauer, Buddha und das Erwachen

    Die Träume Schopenhauers haben uns im letzten Jahr beschäftigt. Aber wohin führt das Erwachen? Diese Frage ist schwer zu beantworten. Einen Hinweis gibt das Stichwort „Erlösungsoptimismus“ (Urs App). Wie sich Alltagsrealismus und Erlösungswunsch aneinander abarbeiten, zeigte bereits die Dissertation, in der Künstler und Heiliger eine kurze Gastrolle spielen. Dem Jammertal der Welt ist mit technischen Utopien und Mitteln nicht beizukommen, eher ist das Gegenteil der Fall. Wer dem Leiden auf den Grund gehen will, kommt am Begriff des Lebens nicht vorbei, der bei Schopenhauer naturwissenschaftlich, philosophisch und mystisch konnotiert ist. Das Glücksversprechen der Kunst im 3. Buch ist das des Lebens selbst, kein bloßer „schöner“ Schein. Kunst ist Lebensmittel, nicht zuletzt, weil sie ein Erkenntnismittel ist. Dem 4. Buch zufolge gründet sich die einzig verantwortbare Version des Optimismus auf die Möglichkeit einer freiwilligen Verneinung des (eigenen) Lebens, in welcher der „Dualismus“ nicht durchbrochen wird – denn es gibt ihn nicht –, sondern in seiner Abstraktheit deutlich wird. Dahinter steht die Notwendigkeit einer Erlösung, wie sie uns aus den beiden Grundfragen des jungen Schopenhauer entgegenspringt, die da lauten: „Was soll das Ganze?“ und 2. „Wie komme ich aus diesem Elend wieder heraus?“

    Schopenhauers vierfache Lehre weist eine erstaunliche Parallele zu den vier edlen Wahrheiten des Buddhismus auf. Welche östlichen Texte spielen in den vier Büchern eine Rolle, und wie beantwortet das Hauptwerk auf den verschiedenen Stufen die vier buddhistischen Grundfragen? Die Erkenntnislehre des 1. Buches geht in Richtung einer Erkenntnis des Leidens (Dukha), das 2. Buch präsentiert den Willen als den Schlüssel zur Einsicht in das Wesen der Welt, der den Grund des Leidens benennt (Samudaya). Ob der Weg der Kunst in der Lage ist, das „Weltübel“ vergessen zu lassen, untersucht das 3. Buch (Nirodha), während das 4. Buch ein Äquivalent für den achtfachen Pfad zumindest andeutet, der den Buddhisten durch den „Stromeintritt“ dazu dient, aus dem Elend der Welt zu erwachen (Marga). – Wir üblich stehen zunächst Texte Schopenhauers im Vordergrund, die mit buddhistischen Texten konfrontiert werden, während in der 3. Sitzung des Quartals aktuelle Themen behandelt werden.

    • 27.01.2022: Lebenspläne und Absichten
    • 24.02.2022: Samsara
    • 31.03.2022: Schopenhauers Lehre als Kompass
    • 28.04.2022: Indische Weisheiten
    • 25.05.2022: Kampf der Götter
    • 30.06.2022: Das Problem des Handelns
    • 28.07.2022: Vom Traum der Kunst
    • 25.08.2022: Lehrreden Buddhas
    • 29.09.2022: Achtsamkeit als Lebenskunst
    • 27.10.2022: Schopenhauer meditiert
    • 24.11.2022: Siddhartha und der „Stromeintritt“
    • 15.12.2022: Heitere Selbstauslöschung