Termine 2012: Schopenhauers Kompass

    Der Jour-Fixe des Jahres 2012 ist Schopenhauers Kompass gewidmet. Ein Kompass dient der Orientierung auf großer Fahrt. Schon der junge Schopenhauer hatte – Urs App zufolge – einen ganz besonderen Kompass, der nicht geographisch, sondern heilsgeschichtlich ausgerichtet war. Das „S“ auf diesem Kompaß stand nicht für „Süden“ sondern für Subjekt, Sünde, Schuld, Strafkolonie und Seyn. Das „N“ hingegen bedeutete das Gegenteil: Nicht-Subjekt, Nirvana, Nicht-Seyn und schließlich Nichts.

    Urs App hat 1997 mit seinem Frankfurter Vortrag über „Schopenhauers Begegnung mit dem Buddhismus“ eine neue Epoche der Schopenhauer-Forschung eröffnet. Mit seinem im letzten Jahr veröffentlichten Buch „Schopenhauers Kompass. Die Geburt einer Philosophie“ zieht er die Summe. Er zeigt, daß die Willensmetaphysik nicht verstanden werden kann ohne die indische Weisheit, die Schopenhauer im Oupnek’hat (Upanishaden) verkörpert sah. Das Buch beschreibt die Geburt seiner Philosophie aus dem Geiste Indiens; es ist zugleich eine Fallstudie für die erstaunlichsten interkulturellen Einflüsse und Zusammenhänge, wie Apps Vortrag im Dezember 2010 im Freien Deutschen Hochstift deutlich machte.

    Die Einteilung der Kapitel erinnert nicht zufällig an die vier heiligen Wahrheiten der Buddhisten (cattari ariya-saccani). Die Themen der einzelnen Sitzungen folgen dieser Vorgabe. Die Kapitel sind prägnant und materialreich, an Esoterik ist nicht gedacht.

    Zunächst geht es um das Verständnis des Leidens, sowohl als kognitives Gefühl wie als metaphy­sisches Prinzip (1. Quartal). Die  Überwindung des Leidens durch das „bessere Bewußtsein“ (Schopenhauer) und die Einsicht in die All-Einheit (Islam) ist der nächste Schritt (2. Quartal). Wie diese Überwindung erlangt und zur Lebensform werden kann, ist Thema des 3. Quartals. Am  Ende steht der Hinweis auf eine mögliche Erlösung, die Schopenhauer zumindest andeutet (4. Quartal). Der „Kompass“ bietet in diesem Sinne eine ganz erstaunliche Einführung in die Schopen­hauersche Lehre vom Willen und seiner Verneinung, die in einem neuen, östlichen Licht erscheint.

    Der Jour-Fixe ist eine Veranstaltung der Ortsvereinigung Frankfurt a.M. der Schopenhauer-Gesellschaft e.V. Er findet in der Regel am letzten Donnerstag im Monat von 18.00 – 19.30 Uhr b.a.w. in den Räumen der Galerie Rothe, Bethmannstraße 13 (Nähe Römer), statt. Es handelt sich um einen offenen Kreis. Interessierte sind herzlich willkommen!

    Informationen bei Dr. Thomas Regehly, Bischofsheimer Weg 26 A, 63075 Offenbach (Tel. 069 / 8678 7372, ab 21.00 Uhr oder 0151 19035 180) bzw. per Mail:  thomas.regehly[at]t-online.de

    Termine und Themen

    1. Donnerstag, 26. Januar 2012: Leiden und Erkenntnis
    2. Donnerstag, 23. Februar 2012: Selbstsucht und Selbstlosigkeit
    3. Donnerstag, 29. März 2012: Trug und Urwissen
    4. Donnerstag, 26. April 2012: Empirisches und besseres Bewußtsein
    5. Donnerstag, 24. Mai 2012: Einheit und Vielheit
    6. Donnerstag, 28. Juni 2012: Vom Zusammenfluß der Ozeane
    7. Sommerpause
    8. Donnerstag, 30. August 2012: Liebe und Einung
    9. Donnerstag, 27. September 2012: Erwachen und Wahn
    10. Donnerstag, 25. Oktober 2012: Erkennen statt Wollen
    11. Donnerstag, 29. November 2012: Veda-Weisheit statt Maja
    12. Donnerstag, 20. Dezember 2012: Willensverneinung statt Willensbejahung

    „Wir sind das Leiden.“ (Rudolf Malter)